sendung & kurs

Nach den Maßgaben unserer Möglichkeiten und Talente bietet die GottesdienstWerkstatt Kurse zur Innovation von Gemeindeleben und Gottesdienst – zur Professionalisierung unseres praktischen Tuns – und zur Bewusstwerdung einer Haltung der Offenheit Gott gegenüber, um seine Wunder geschehen zu lassen.

Die Leitlinien unserer gemeinsamen Arbeit bleiben dabei:
Was sind unsere Quellen und Traditionen?
Was ist der Stand der Dinge und die Situation unserer Zeit?
Was ergibt sich daraus für unsere nächsten Schritte vor Ort?

Gemeinde ist Gegenwart Gottes. Und Gottesdienst ist nicht nur ein Dienst der Menschen an Gott, sondern Gottesdienst ist vor allem auch ein Dienst Gottes an den Menschen.

In diesem Sinne ist Gottesdienst eine Begegnung – eine Begegnung zur Menschwerdung – eine Begegnung zur Menschwerdung Gottes – eine Begegnung zur Menschwerdung Gottes in uns.

Gottesdienst ist Menschenbildung.
„Lasst und Menschen machen nach unserem Bild, uns ähnlich.“
(Genesis 1,26)

Der Mensch ist eine Ikone Gottes.

In Christus bietet Gott uns seine Liebe als Weg und Geschenk. Es ist durchaus möglich, dass er uns  jetzt  zu einem weiteren Schritt der Reife ruft:
„Ich nenne Euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“
(Johannes 15,15)Thomas Hirsch-Hüffell:

1. Gottesdienst ist unsterblich. Menschen werden ihn überall neu (er)finden, weil sie Freude haben am Fest, an der Gemeinschaft und in all dem an einer Dimension, die über das Vorfindliche hinausweist.

2. Gottesdienst differenziert sich aus im Spielraum aus Geheimnis – Lebenskunst und Einmaligkeit – Wiederholung. ‚Im Geheimnis‘ begeht man vor allem paradoxe Wahrheiten (Liebe und Tod z.B.) verbal und kultisch. In der Lebenskunst lernt man (auch im Gottesdienst), wie man im Einzelnen die Liebe pflegt, das Sterben lernt usw.. Und das in besonderen Gottesdiensten bzw. durch Wiederholungen.
3. Die Ausdifferenzierung ist kein Makel, sondern schöpfungsgemäß wie die Entwicklung von Baum- und Fischarten.Die ausschließliche Fixierung auf eine einzige Hauptform ist eine rationalistische Fiktion. Identität bildet sich durch Stetiges, aber auch durch Verschiedenheiten. Das war puncto Gottesdienst schon immer so (s. Wallfahrten, Pilgerwege, Hausandachten usw.). Die vielen Formen, die jetzt entstehen, sind alle vollwertige Gottesdienste und nicht dazu da, den Sonntags-Gottesdienst zu beleben. Der erwirbt sich seine Mitglieder selber. Elemente aus Experimenten können dort aber einfließen.

4. Wir befinden uns in einem Jahrtausend-Umbruch aller Großsysteme. Der wird mindestens noch 100 Jahren dauern. Das heißt, wir werden nicht ernten, was wir säen. Wir sind Architekt*innen des Übergangs, mehr nicht. Aber das schon.
Die Buntheit der Versuche wird vermutlich erst in 3-5 Generationen zu einem neuen Mosaik zusammenfinden. Man kann also beherzt ins Gelände reiten und ausprobieren, was Spaß macht. Denn ohne entschiedene Gestaltungen gibt es kein neues Miteinander.

5. Diese Lage hat einen großen Vorteil: Niemand muss ‚für immer‘ planen oder recht haben. Alle dürfen versuchen und irren. Mindestens noch 100 Jahre lang. Christentum als Spielraum für Formen würdigen Menschseins.

6. Dieser Wandel ist seit ca. 60 Jahren im Gange. Also seit sich Menschen selbstbewusster einmischen in alle großen gesellschaftlichen Themen. Corona hat das nur beschleunigt.

7. Gottesdienst wird auf Sicht nur noch zusammen mit Ehrenamtlichen gelingen. Das Ensemble wird überleben helfen. Der Monolog/die Alleinstellung der Pastores als Hauptform ist zu Ende.

8. Der traditionelle Gottesdienst mit seinem Sprechakt ist nicht dazu da, die Hauptamtlichen in ihrem Amt zu legitimieren. Sondern Hauptamtliche dienen der gesamten Gottesdienst-Kultur in einer Region. Sie müssen lernen, ihre Schriftgelehrsamkeit in viele andere Formen einzuzeichnen und dort als voll gültig anzuerkennen. Und sie müssen lernen, wie stark Formen wirken neben der Sprache.

9. Wer eine neue Form beginnt, sollte notwendig Freude daran haben, zweitens nochmal Freude und drittens die schönsten Ideen realisieren. Wenn es denen, die gestalten, selber keine Freude macht, von Anfang an, stimmt etwas nicht. Man kann sich gegebenenfalls ein ‚Mandat zum Freispiel auf Zeit‘ holen bei Verantwortlichen und nach einer vereinbarten Frist dann berichten.

10. Alle alten und neuen Gottesdienste haben als inneres Gerüst – bewusst oder unbewusst – die alte Agendenform: Ankunft/Sammlun/Anrufung – Verkündigung/Auslegung/Aufrichtung – Gebet/Umwandlung/Gemeinschaft – Aufbruch/Sendung/Bestärkung.

11. Der traditionelle Gottesdienst am Sonntag verlangt von Menschen Übung und macht sie zu Eingeweihten und ‚Turniertänzer*innen im Trainingsmodus‘. Er hat den Schliff des Ewigen und jahrhundertelang Vertrauten für sich. Er versorgt Stammwähler*innen und ist das Gegenteil einer missionarischen Veranstaltung.
– der Preis: Hohe Schwelle, Sprödigkeit – wie bei allem, was sich wiederholt.

12. Der Gottesdienst mit Kindern bzw. allen Generationen verlangt tendenziell nur Aufmerksamkeit, er darf viel, er macht Menschen Geschmack aufs Christentum und lädt sie ein wiederzukommen. Er hat die Chance, in Liturgie und biblischer Tradition alles neu zu sagen – vor allem elementarer, gemüthafter und heiterer. Sofern er max. zwei inhaltliche Ideen realisiert, sonst verkommt er zu einer Zerstreuung.
– der Preis: Dieser Gottesdienst muss sich tendenziell jedes Mal neu finden und bewerben.

13. Der Kinder- und Generationen-Gottesdienst kann dem alten Gottesdienst zeigen, wie man mit Anfänger*innen im Christlichen umgeht.

14. Der traditionelle Gottesdienst kann mit Wenigen auf die Langstrecke gehen und dem Generationen-Gottesdienst zeigen, wie Wiederholung auf Dauer funktioniert. An etlichen Orten wird er sehr klein werden und vielleicht überwintern, bis Wiederholung eine neue Disziplin oder Sehnsucht wird. Vielleicht überlebt er hier und dort den Winter auch nicht.

15. In allen Formen ist wesentlich der Raum für die Feier neu und vor allem geistlich zu bedenken. Das Abbild des Thronsaals in der frontalen Anordnung braucht Ergänzung durch eher parlamentarische Anordnungen. Menschen – vor allem die Kinderseelen im Menschen – lieben Könige, die allein und glanzvoll vorn regieren, aber sie ticken auch gesellig und mögen sich bewegen und mitsprechen. Die evangelischen und katholischen Gemeinden haben sich zu viele ‚stumme Zuhörschafe‘ herangezüchtet, die dem Einen vorn gehorchen. Gott selber ist in Schöpfer, Heiligen Geist und Jesus längst viel geselliger als die Frontalkirche es abbildet.

16. Alle ausdifferenzierten Formen brauchen in den Regionen so etwas wie Gottesdienst-Begleiter und Gottesdienst-Werkstätten, damit sich die Formen zeigen, verantworten und inspirieren können. Sonst droht Zerfall und Eigenbrötelei.

17. Neben der Verkündigung ist auch immer wieder eine gemeinsame Mystagogie dran: Einführung in Geheimnisse des Menschseins mit den christlichen Erfahrungen aus 2000 Jahren als Hintergrund. Das erfordert dialogische Prozesse auch im Gottesdienst – im medialen Geschäft erst recht.